Samstag, 26. September 2009

Bleiburg - Litija



Mit dem Passieren des ersten von dann ja immerhin sieben Grenzübergängen (der zugleich der letzte EU- und damit kontrollfreie Übergang meiner Reise war), stellte sich allmählich der in den Wochen des Planens zuvor ersehnte Gefühlsmix von Urlaub, Ungebundensein, Freiheit ein, dem ich mich unterwegs auf dem Rad so gerne hingebe. Alles wollte stimmen: die Sonne über mir tat mir nichts Schlimmes an, der Verkehr hielt sich in Grenzen (und bald führte mich meine Route von der Hauptstraße weg in ein stilles Seitental), letzte Gedanken an etwas Unerledigtes, die mich aufgeschreckt hatten, konnte ich durch einen kurzen Anruf im Büro vertreiben (und danach sollte es tatsächlich keinen Kontakt mehr in den schnöden Arbeitsalltag hinein geben), und ich twitterte eine erste Glücks-Botschaft in die interessierte Welt, mein Rad als Thronwagen lobend (denn auch die Rose vom Wörthersee war vertrieben, Nadoos Straßen, die von den Bergen bis ans Meer reichten, hatten Platz in der Ohrwurmnistecke genommen, und die passten da ja jetzt auch viel besser hinein).

Hier östlich der Karwanken hatte ich eine Strecke ohne alpengemäße Steigungen ausgeguckt, zwar gab es ein wenig zu klettern – vor allem, die beiden Male, die ich auf Nebenstrecken ausgewichen war, aber das war mit einem richtigen Pass, wie er weiter westlich zu nehmen gewesen wäre, nicht zu vergleichen. Höhenmeter sollte es ja noch genug (und mehr als genug) in den nächsten Wochen geben.

Mein Vorsatz besagte, morgens früher als auf bisherigen Reisen, loszufahren (das war mir gelungen, kurz nach Acht hatte ich alles beieinander, konnte das Zimmer zahlen und das Rad bepacken) und dann lieber längere Pausen am Mittag einzulegen um so der ärgsten Sonne auszuweichen – und auch daran hielt ich mich am ersten Tag: irgendwann lag ich zufrieden in einer Schattenecke inmitten von ansteigender Wiese, Tannen, und den ein, zwei Häusern, die den Rand eines Dorfes markierten. Kekse aß ich, trank Wasser, twitterte wieder, denn das machte mir jetzt mehr Spaß als das Fotografieren.


Dann führte mich der Weg zurück an die Hautpstraße - aber hier auf einen etwas abseits liegenden, schattigen Radweg; den nahm ich gerne, nur an den wenigen Querungen war aufzupassen, und nach einer weiteren knappen Stunde war ich in Celje, der erste größere Ort, und auch der Ort, den ich bei meiner Planung als Übernachtungsmöglichkeit ausgesucht hatte.

Zum Übernachten war es aber zu früh, so platzierte ich mich unter einen Sonnenschirm am Rande der für den Verkehr gesperrten Hauptstraße in einem Café und bestellte Cappuccino und Cola, eine Kombination, die auch in den nächsten Wochen prima schmecken würde. Da war nur wenig los, ein paar Jugendliche, Mädchen, Jungen, ein dudelndes Radio aus der Bar. Fotografieren wollte ich immer noch nicht, erst als zwei Touristen auftauchten, die ihre Objektive aufdringlich in alle Richtungen richteten, auf und ab und nach Norden und Süden, da kramte auch ich meinen Apparat raus und machte Fotos. Ich orderte eine zweite Cola.

Zwei Stunden, plante ich, könnte ich heute vielleicht noch radeln. Die Touristen verließen ihr Schlachtfeld, ich zahlte, fuhr ab, aber nicht sofort weiter, sondern einen Laden suchend um Wasser zu kaufen, den fand ich zwischen Plattenbauten; jemand wollte ich mich wohl ermahnen, weil ich mein Rad nicht abschloss, als ich den klein Supermarkt betrat, aber, vergnügt wie ich war, lachte ich nur freundlich und war ja auch gleich wieder draußen. Eincremen in einer schattigen Ecke, dann ging's weiter.

Jetzt war ich an der Savinja, die bald in die Save mündete. Hier war mehr Verkehr, denn das war bereits der Weg nach Ljubljana. In dem nächsten Ort entdeckte ich Hotels, bald darauf aber wies mein Track weg von der Hauptstraße auf eine Nebenstrecke, die dann doch über einen der Berge führte, die sich zu beiden Seiten des mäandernden Flußes erhoben. Sollte ich die nehmen? Okay, dachte ich, dort dann irgendwo zu übernachten ist vielleicht ruhiger als an der Hauptstraße. Vielleicht war ja auch schon was in dem kleinen Ort zu finden, in dem ich abzweigte (und was heißt denn „Zimmer“ auf slowenisch?). War aber nicht, also ging's ans Klettern. Eine Stunde brauchte ich etwa, dann war ich oben. Wenige Minuten später wieder unten.

Nun aber konnte man doch langsam diese zweite Etappe austrudeln lassen. Zurück am Fluss aber erkannte ich bald, dass das nicht so einfach war: Hinweisschilder auf die wenigen Orte zeigten meist in die Berge hoch (und versprachen kein Hotel) oder auf um Bergwerke herum gruppierte Ansiedlungen auf der anderen Flussseite - da wollte ich nichts riskieren und trat lieber weiter, blieb parallel zu Save und Bahn.

Schließlich öffnete sich die Schlucht in ein Tal. Ein Ort an der Straße, der sah nur nach Gartenstadt ohne weitere Infrastruktur aus, aber ein Spielplatz war zu sehen, und auf ihm Mütter mit ihren Kindern. Die sprachen Englisch und erklärten mir dann haargenau, dass ich noch etwa sieben Kilometer zu fahren hätte, dann wäre ich in Litija, durch den Ort sollte ich durch und dann noch einen Kilometer weiter, dann käme ein Unterführung unter der Bahn, und dort würde ich die Pizzeria Kovac finden und da gäbe es Zimmer. Dankbares Winken von der Straße aus, und ich hielt mich an die Beschreibung. Alles stimmte. Ich fand ein Zimmer, duschte, bestellte Bier und eine große sehr fleischlastige Pizza auf einer stillen Terrasse neben der Bahnstrecke. Die Nacht schief ich prima trotz des einen oder anderen dahin ratternden Güterzuges.

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