Freitag, 29. Mai 2009

Liegend um die Welt

Auf SpiegelOnline gibt es einen Bericht über eine Liegerad-Weltumrundung (angeblich die erste eines Deutschen?) incl. einer schönen Fotostrecke.

Donnerstag, 28. Mai 2009

Lektüre nun: Rainald Goetz, Kronos

Sexy

"Sex sells", schrieb jemand im Liegeradforum.



Dieses extrem schöne Rad kommt aus Frankreich von Zockrabikes.

Gertrud

Das ist ja ein Theatertext, oder ich lese ihn so, genau so monumental, (so brachial?, raumgreifend - aber der Raum ist eigentlich immer eine Bühne) wie Schleefs Theater eben war. Es bringt ja nichts, Gertruds Monolog mit Adjektiven zu belegen, das wird schnell superlativisch und passt dann wieder nicht.

Das mit dem konzentriert lesen: ja, immer wieder verliere ich mich im Text - genau so, wie man sich auch manchmal im Theater verliert und dann schreckt man hoch, schaut nun mit wacheren Augen auf die Schauspieler und fragt sich: hey, was geschieht denn da gerade, was machen die, worüber reden die bloß? Bei der Lektüre kann ich nun zum Absatzanfang zurückkehren, erneut lesen, aber oft gelingt es mir selbst beim dritten oder gar vierten Male nicht rauszubekommen, was da gerade erzählt wird; ich verstehe es nicht (oder falsch oder was auch immer); da hilft dann nur dem Fluss zu folgen und den Punkt zu finden, wo man wieder Grund erkennt.

Manchmal möchte ich laut lesen: der Text rhythmisiert sich zu einer Schleefschen Choreographie und ich bin wieder im Theater, denke, so müsste man das auf die Bühne bringen, chorisch, Gertrud mit Männern besetzen, den Text brechen mit den Söhnen, den Brüdern, den Liebhabern (die sich in der Adaption von dem Monströsen befreien versuchen - war das Schleefs eigene Absicht beim Schreiben?): im Netz findet man Bilder von Edith Clever




als Gertrud in einer Syberberg-Inszenierung (die ich nicht gesehen habe), und das kann ich mir auch sehr gut vorstellen - Gertrud als Lottes große Schwester.

Viel Gewalt, und meist geht die Gewalt von den Frauen aus, von der dominierenden Großmutter, die die Enkelkinder straft und schlägt und prügelt, ohne dass ihr einer der Männer (Großvater oder Gertruds Vater) oder die Mutter Einhalt gebieten können, oder auch von der Schwiegertochter, die Gertrud unter Schlägen aus dem Haus vertreibt.

Und dann diese eigentlich unerträgliche Einsamkeit, der sich Gertrud hingibt oder hingeben muss: wenn sie schlaflos durch das Haus schleicht, beobachtet, horcht, nach draußen und in sich hinein, und das fällt alles irgendwie zusammen, wenn sie ihren alternden Körper beschreibt, Haut und Fleisch, ihr blutig Kratzen, die Ausflüsse und all das, wenn sie fast irr durch das Land am Fuße des Kyffhäusers geistert, panisch darauf bedacht, niemandem zu begegnen, wenn sie (über viele Seiten hinweg) in einem Bus sitzt, der sie - an einem schneeigen Silvesterabend, sie aber meint, es sei erst der 30. Dezember - zu einer Freundin bringen soll.

Ein großes, großes Buch! Mein Wunsch aber: nun die Tagebücher Schleefs dagegen zu lesen.

Als Schleef starb, war ich in Harburg, in den vielleicht trübsten Jahren meines Lebens. Ich erfuhr von Schleefs Tod seltsamerweise durch eine Leuchtschrift an einem Kiosk in dem Einkaufszentrum nahe des Harburger Bahnhofs, in dem sich auch der MiniMal befindet, der damals öfters von der schon dementen Inge Meysel - von einem sich kümmernden Nachbarn begleitet - besucht worden ist. Die Hamburger Presse (Hamburg hat von allen deutschen Großstädten die schlechtesten Zeitungen) berichtete gerne darüber. An diesem Nachmittag traf ich Inge Meysel nicht, ich hatte sie eigentlich nie getroffen. Ich erfuhr dort - in der Hand eine Papiertüte mit Dosensuppen und anderem Billigzeug - beim Vorübergehen von Schleefs Tod und war erst ehrlich betroffen und dann verwundert: wen interessiert das hier, wer kennt hier Einar Schleef?

Schleef starb in einem Berliner Krankenhaus und ich las später, dass man im Krankenhaus nach seinem Tod nicht wusste, wen man verständigen sollte. Schließlich (hatte es Tage gedauert?) fand man seinen Anwalt.

Die erste Theaterarbeit, die ich von Schleef sah, war "Vor Sonnenaufgang". Die Inszenierung war zum Theatertreffen eingeladen worden, aber an diesem Sonntag-Nachmittag war der Hauptdarsteller (Volker Sprengler) erkrankt; Schleef wollte die Vorstellung unbedingt geben und sprang mit dem Textbuch in der Hand selbst ein. Die Besucher verließen reihenweise das Theater. Irgendwann der ja schon im Vorfeld angekündigte Skandal: über 30, 40 Minuten blieb die Bühne stockdunkel (Vor Sonnenaufgang!), nur Taschenlampenlichter zu sehen, weiteres Türenschlagen im Parkett, der ausharrende Rest aber war am Ende begeistert.

Später dann: Wessis in Weimar, das ist ja alles bekannt, super. Brechts Puntila ... wieder mit Schleef; die Schauspieler, alle nackt, liegen über- und ineinander verkuschelt am Bühnenrand, inmitten von ihnen (nicht nackt, sondern mit einem (Sauna-?)Tuch umwickelt, die tolle Jutta Hoffmann), Schleef neben dem Knäuel, schaut über das Publikum hinweg (oder doch direkt ins Publikum hinein?) in eine imaginierte Ferne und ruft: "Wollt ihr Ficken?"

Zuvor die Trauerarbeit in einer Novembernacht bei Schließung des Schillertheaters mit den Resten seines nicht gezeigten Fausts (später prozessiert Schleef gegen die Stadt), schließlich sein Triumph: Jelineks Sportstück, über 40 Minuten Ovationen bei der Uraufführung am Burgtheater ... ich kann das hier kaum Schreiben ohne dass ich schrecklich sentimental werde.

Schade, zu schade, dass er nicht mehr ist.

Montag, 25. Mai 2009

Happy Birthday

Bundeswalzer

Hereinspaziert, hier ist das Geld,
hier spielt die Blasmusik.
Herein und keine Bange
vor der Bundesrepublik.

Ich glaube, den Enzensberger-Text darf man dann gar nicht komplett hierein stellen. Aber man hört ihn ja auf den oben verlinkten Ingrid-Caven-Sample.

Mittwoch, 20. Mai 2009

Weltrekord

Der junge Herr auf dem gescannten Foto hat übrigens am vergangenen Freitag einen neuen Stundenrekord für unverkleidete Liegeräder aufgestellt. 50,529 Kilometer hat er in 60 Minuten zurückgelegt.

Dienstag, 19. Mai 2009

Wiederfinden

Dieser Tage veranstaltet die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung ihre Frühjahrstagung in Berlin. Am Himmelfahrtsabend findet im Haus der Berliner Festspiele die Eröffnungsveranstaltung "Wiederfinden - Ein Abend des Erinnerns" statt. Dabei sind unter anderem Arnold Stadler und Josef Winkler. Josef Winkler wird an Hans Henny Jahnn erinnern, Arnold Stadler an Reinhold Schneider.

Schön aber: Brigitte Kronauer spricht über Hans-Erich Nossack (auf der oben verlinkten Webseite ist sein Name leider falsch geschrieben). Da habe ich heute gleich mal auf die Seiten der "Arbeitstelle Hans-Erich Nossack" der Universität Mainz geschaut, aber diese scheinen verwaist.

Außerdem soll auch Thomas Brasch "wiedergefunden" werden. Wenn Jens, den ich am Donnerstag treffen will, einverstanden ist, gehen wir dahin.

Montag, 18. Mai 2009

Praise you

Bei den Tanzenden vor meinem Laden fiel mir wieder das schöne Fatboy Slim Video ein.

Hellblau Nachtrag

Ein schöner Zufall, der prima zu dem Meinecke-Buch passt: heute lese ich, dass René Pollesch sein neuestes Stück in Stuttgart uraufgeführt hat, es hat einen typisch lustigen Pollesch-Titel "Wenn die Schauspieler mal einen freien Abend haben wollen, übernimmt Hedley Lamarr". Hedy Lamarr übernimmt aber nicht, so die FR:

"Immer wieder bildet sich ein seltsamer Chor, der sich Hedley Lamarr nennt, was nichts mit der berühmten Hollywooddiva und Erfinderin aus den vierziger Jahren zu tun hat."

Die andere Frankfurter Zeitung kann immerhin einen - naja vielleicht doch etwas hergeholten Bezug - erkennen:

"Hedy Lamarr, in die Filmgeschichte vor allem durch ihre Nacktrolle in „Ekstase“ eingegangen, arbeitete nach ihrem Scheitern als Hollywood-Diva als superkluge Hobbyingenieurin an der Entwicklung funkferngesteuerter Torpedos. Hedley Lamarr ist ein solcher Torpedo: ein Schauspielerkollektiv, das das alte Theater in die Luft sprengen will, indem es aus Solidarität und Liebe zum Beruf einspringt, wenn Kollegen sich mal einen freien Abend gönnen wollen."

Und warum Meinecke? Genau, sein nicht Schauspieler- sondern Schreiberkollektiv erzählt in Hellblau unter anderem auch von diesem sehr ungewöhnlichen Leben, das Hedy Lamarr geführt hat - Schnittpunkt zu seinem Stoff ist hier ebenso die Torpedoerfindung, die, wäre sie noch während des zweiten Weltkrieges umgesetzt worden, möglicherweise die Nazi-U-Boote vor der amerikanischen Küste hätte früher stoppen konnen.

Nach Stuttgart guckt das Feuilleton aber nicht deswegen, sondern weil Harald Schmidt dort mit- (oder gegenan-?) spielt.

Hochzeit




Am Sonnabend wurde vor meinem Ladenzimmer ein Brautpaar verabschiedet. Zwei Musiker - ein Kemençe-Spieler und ein Trommler spielten auf. Erst wurden das Brautpaar und die engeren Angehörige direkt vor meinem Fenster fotografiert und gefilmt, und ich hielt mich, weil ich niemanden stören wollte, im Hintergrund; einige Frauen begannen zu wippen, andere klatschten im Takt. Bald fassten sie sich an den Händen, bildeten einen Kreis um das Paar, und einige der Männer reihten sich ebenfalls ein. So tanzten sie um Braut und Bräutigam herum und zuletzt mit den beiden zusammen.

Dienstag, 12. Mai 2009

Auf der letzten Spreeradler-Tour



hat Fabian ein Foto von mir gemacht.



Das war, glaube ich, in Paretz.
Mal drauf achten: heute im Tagesspiegel ein Bericht über das Andromeda Mega Express Orchestra, das morgen im Festsaal Kreuzberg konzertiert - da kann ich aber leider nicht.



Gestern im Zug gehört: Element of Crime, Du hast die Wahl - aah ja, seufz, finde aber kein Video dazu.

Heute im Zug: Air, All I need, irgendwie perfekte ICE-Musik.



Draußen glitt der Mai vorbei.

Freitag, 8. Mai 2009

Thomas Meinecke endet Hellblau mit einem letzten Fichte-Verweis; er zitiert aus Band XV der Geschichte der Empfindlichkeit (das ist 'Homosexualität und Literatur I'?) ein Empedokles-Fragment, das im Original auf Fichtes Grabstein auf dem Nienstedtener Friedhof zu lesen ist:

Einst bin ich ein Knabe, ich bin auch ein Mädchen gewesen, Busch und Vogel und Fisch, der warm aus den Wassern emporschnellt.

Hier fand man bis vor kurzem eine Wegbeschreibung (jetzt hier zitiert aus dem Google-Cache):

Das Grab von Hubert Fichte befindet sich auf dem Nienstedtener Friedhof bei Hamburg. Direkt an der Elbchaussee gibt es zwei Eingangstore; läuft wer von dort den Fußweg neben der Hecke parallel zur Straße flußabwärts, liegt das schlichte Grab am dritten oder vierten rechterhand abgehenden Pfad des vorletzten, und letzten "regelmäßig" quadratischen Segments vom Friedhof. Hier ist es im Pfad zwischen den Grabreihen auf der rechten Seite das zweite oder dritte.
Lektüre: Einar Schleef, Gertrud

Das steht ja schon auf der Rückseite der Taschenbuch-Ausgabe, dass man da konzentriert lesen muss, im Zug gestern allerdings eine Unmöglichkeit auch wegen der Skandinavier in dem Großraumwagen, die ich trotz Kopfhörer mitbekam (und wenn nicht: auch die Musik stört bei der - nun ja - schwierigen Lektüre). Irgendwann denke ich, dass ein Personenverzeichnis hilfreich wäre, und blättere auf die letzten Seiten und finde dort ein Personenverzeichnis. Das hält mich vom Abbruch der Lektüre für's erste ab.

Donnerstag, 7. Mai 2009



In Hellblau wird einer der drei Protagonisten - Tillmann - allmählich zu "Venus as a boy".

Mittwoch, 6. Mai 2009

Lektüre:

Thomas Meinecke, Hellblau. Die ersten 50 Seiten denkt man, das wird zu anstrengend, dann beginnt's aber irgendwann doch Spaß zu machen. Eine hübsche Materialschlacht, mal öde, mal bizarr, mal spannend, verteilt auf drei kaum zu unterscheidende Protagonisten (und irgendwann ist es mir auch egal, wer da gerade monologisiert). Dabei ein wenig quälend: wie glatt das so durchläuft, keine Brüche, stattdessen ist jeder Zeit die genau passend Platte oder das richtige Zitat zur Hand, und die drei Helden dürfen sich dafür zart loben.

Man denkt an Hubert Fichte und immer wieder wird dann auch auf ihn Bezug genommen; aber das sich selbst aufbröselnde und neu konstruierende Detlev-Jäcki-Fichte-Ich fehlt dann bei Meinecke.

Da die Lektüre sich dem Ende nähert (was ich nach 270 Seiten auch okay finde), überlegte ich gestern, womit ich fortsetze. Ich blätterte durch Kempowskis Bloomsday '97 (und freute mich auch irgendwie sehr), entschied mich dann aber doch für Einar Schleef.

Samstag, 2. Mai 2009


Marcus Endberg hat ein Logo zur Abschaffung der Radwegebenutzungspflicht entworfen, es kann hier heruntergeladen werden.